India (part 4)

Aus dem Buch „Verabredungen im Wald“ .  Vierte Teil (von vier)

Der dritte Blick…?

Als ich wieder zurück in der Schweiz gelandet bin, bemerke ich einige Details, die mir vorher nicht aufgefallen waren. Der Flughafen ist marmoriert, blitzblanksauber und mondän, aber kühl. Nichts strahlt menschliche Wärme aus. Der Flur ist umgeben von Luxusläden. Ich bemerke am Rande eine Angestellte, die sich in dem verlassenen Geschäft eine Atempause gönnt. Während des Gesprächs hört die perfekte Verkäuferin auf zu schauspielern und beschreibt ihren Alltag:
– Wenn ich eine Viertelstunde zu spät komme, krieg ich ein Bußgeld. Wir werden ständig kontrolliert, müssen rentabel sein. Wenn man nicht aufpasst, verliert man schnell den Draht zur Familie und am Ende hat man sogar keine Freunde mehr.
Auch mein schönes sauberes Land kennt eine Art schreckliche geheime Not… Bevor ich weggehe, sage ich dieser Frau, dass Gott an sie denkt und dass sie mit Ihm darüber reden sollte.
Auch hier sind überall Plakate zu finden. Werbungen mit göttlich schönen Frauen, die uns von oben herab betrachten und mit Schmuck oder Uhren prahlen, als wären es Talismane, die Erfolg versprechen.
Diese Bilder werden komplett von schöpferischen Informatikern gestaltet. Es sind auch erbarmungslose Götzen, die heimlich verehrt werden und die ihre Verehrer anlügen, indem sie ihnen weismachen, dass sie keine Bewunderer wären, aber ich lasse mich nicht beirren. Alle versuchen doch so auszusehen, wie auf diesen Bildern…
Aus dem Zugfenster kann ich weder das Elend der Barackensiedlungen erkennen noch die grellen und bunten Farben Indiens, noch das natürliche Lächeln der Passanten, noch die unerwarteten Ereignisse, die an jeder Straßenecke einen überraschen, noch die zahlreichen Jugendlichen, noch diese vielen handwerklich geschickten Bastler, die sich zum Überleben die urigsten Berufe ausklügeln, noch diese alten Menschen mit langem weißem Bart, noch ihre prickelnde Lebensfreude, die in ihren Augen zu sehen ist…
Ich bin fast darüber geschockt, dass die Straßen so leer sind (es sind nur ein paar Alte zu sehen).
Wo sind die Bewohner meiner Heimat? Verkriechen sie sich alle zu Hause vor ihrem Bildschirm, der sie hypnotisiert? Hat sich eine Katastrophe ereignet, die die Mehrheit der Bevölkerung ausgerottet hat? Was ist denn in meiner Abwesenheit geschehen? (Kaum bin ich weg, und schon geht alles den Bach runter!) Vielleicht hat der Umbruch nicht hier, sondern bloß in meinem Blick stattgefunden…

Das erste Plakat
Ein Plakat mit einer Zeichnung von mir wird bald in Indien auf den Straßen zu sehen sein. Möge es wie Samen aus dem Jenseits Hoffnung im Herzen der Inder säen, die es anschauen werden.

Jesus save colorwww

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